„Der Sascha, der ist ein witziger Typ“, höre ich oft. Von Freunden oder Arbeitskollegen oder Menschen, die mich nur kurz kennen lernen. Ich kann ein Strahlemann sein und ein Mensch, der auch in schwierigen Situationen mit scheinbarer Gelassenheit eine Lösung findet. Nach außen wirkt das dann wie der sprichwörtliche Fels in der Brandung, der scheinbar die Ruhe behält, wenn die See um mich herum wild tobt.

Mann mit Hut macht lustiges Gesicht
Quelle: Pixabay / Ryan McGuire

Wie kannst Du unter einer Angststörung leiden?

Wie aber passt das zu meiner Angststörung? Verheimliche ich also allen da draußen etwas? Spiele ich ihnen nur etwas vor und all das, was Außenstehende von mir sehen, ist nur ein wunderbares, über Jahre einstudiertes Theaterstück namens „Der fröhliche Typ von nebenan“? Das wäre einfach, denn die Erklärung ist komplizierter.

In der Tat gibt es bei einem Angstpatienten wie mir beide Seiten. Da sind die Tage, an denen ich genau so bin, wie mich andere oft zur Kenntnis nehmen. Dazu braucht meine Seele keine Schminke, keine auswendig gelernten Texte und es ist auch kein gewaltiger Maskenball. Ich bin echt, ehrlich und gut gelaunt mit einem Hang zum absurden Optimismus. Dann bin ich Luke Skywalker, der mutige Yedi, der auch den Kampf allein gegen das Böse nicht scheut.

Die dunkle Seite der Macht

Und dann gibt es Tage oder Phasen oder Stunden, in denen bin ich Darth Vader. Die dunkle Seite. Beherrscht von meiner Störung. Wenn die Angst gerade mal wieder rein kickt und ich hilflos bin. Wenn mein analytisches Denken gerade mal wieder vor die Wand läuft und mein Kopf den nächsten Horrorfilm im Streaming-Portal „Saschas schönste Ängste“ ausgewählt hat. Auch das bin ich. Die andere Seite von mir. Nein, ich leider nicht unter eine multiplen Persönlichkeit. Meine Seele hat einfach verschiedene Anteile. Mal gewinnt die eine, mal die andere. Wie bei uns allen, die wir vor manchen Dingen Angst haben und vor anderen nicht. Der Unterschied bei mir: manchmal ist mir nicht klar, wer hier gerade auf die Bühne getreten ist und warum gerade er ausgerechnet jetzt seinen Auftritt hat.

Spielzeugfigur Darth Vader
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Der Angstpatient - der unzuverlässige Typ?

Das Tolle an mir ist: ich habe all das inzwischen professionalisiert. Ich habe meinen Weg gefunden, damit umzugehen. Zumindest nach außen. Im Job merken das nur Menschen, die mich sehr lange kennen. Der Rest erlebt mich einfach als jemand, der alles perfekt unter Kontrolle hat. Lösung A, B und C hab ich immer gleich in der Tasche. Eine Strategie, um mich zu schützen. Um mich selbst zu beruhigen, dass auch in einer Angstphase nichts schief geht. Arbeitgeber finden so was sicher klasse, denn auch wenn Außenstehende meinen könnten, ich könnte ja „jederzeit austicken“ ist das Gegenteil der Fall: Ich habe mir Methoden geschaffen, maximal zuverlässig zu sein. Wie es meiner Seele in solchen Phasen geht, spielt im Job ja keine Rolle. Was ich sogar – erstaunlich und vielleicht nur meine ganz eigene Sicht der Dinge – verstehen kann. Wenn jeder in einem Betrieb seine Befindlichkeiten thematisieren würde, gäbe es vermutlich sogar große Probleme, sich ums Tagesgeschäft zu kümmern und der Laden wäre eine große Therapiegruppe. Für mich aber war genau das der Grund, mich um mich selbst zu kümmern. Und Profis zu suchen, die mir helfen. Weil „einfach mal drüber reden“ nicht mehr gereicht hat.